Pressemitteilung
ÖDP-Exkursion zu Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder
Förster Iberl ist besorgt über die Zukunft des Waldes. ÖDP hält den Wildbestand für zu hoch.
Eine Wald-Exkursion mit Förster Thomas Iberl organisierte die Landkreis-ÖDP in Donaustauf. Erkundet wurden Waldflächen des sogenannten Vorwaldes und Donau-Randbruchs nordöstlich von Donaustauf, die durch Hitze, Trockenheit, Stürme und Schädlingskalamitäten in den letzten 20-30 Jahren besonders betroffen waren bzw. sind.
Dabei zeigte sich Iberl angesichts des ungebremsten Klimawandels mehr als besorgt über die Zukunft des Waldes und letztlich der ganzen Menschheit. "Aktuell steuern wir - so die mittlerweile wahrscheinlichsten Prognosen - bis zum Ende des Jahrhunderts im globalen Mittel auf eine Temperaturerhöhung um mindestens 3-4 Grad zu", so Iberl. Dies bedeute übersetzt: Katastrophale Dürren und Hüngersnöte für Milliarden von Menschen. Gerade Deutschland zähle schon jetzt zu den am stärksten betroffenen Ländern der Erde. Allein in den letzten 2 Dekaden habe Deutschland aktuellen Statistiken zufolge Wasservorräte ober- und unterirdisch in der Größenordnung des Bodensees verloren. Deutschland trockne aus. Ständig neue Temperaturrekorde in den Sommermonatien. Nicht zuletzt die allerorten rapide sinkenden Grundwasserspiegel beträfen auch unsere Wälder existenziell. Jahrhunderte alte Beziehungen zwischen Pilz-, Bakterien- und Viruskrankheiten und den betroffenen Wirtsbaumarten drohen aktuell völlig aus dem Gleichgewicht zu geraten. Die Anzeichen seien schon jetzt unübersehbar. Selbst wenn es uns gelingt, durch eine Vielzahl von Maßnahmen langfristig die Resilienz unserer Wälder zu erhöhen: Ohne sofortige und umfassende globale Transformation unseres für Mensch und Umwelt zerstörerischen Wirtschaftssystems werde es den Wald, wie wir ihn kennen, schon bald nicht mehr geben, so Iberl.
Witterungsextreme am laufenden Band in den letzten Jahren haben zu Waldschäden bisher ungekannten Ausmaßes in fast ganz Europa geführt. Betroffen seien mittlerweile - mit regional unterschiedlichen Schwerpunkten - fast alle Hauptbaumarten, so Iberl. Aus dem aktuell besorgniserregenden Zustand von Altbeständen nun gleich abzuleiten, dass über Jahrhunderte bewährte heimischen Baumarten keine Zukunft mehr haben, sei sicherlich falsch. Junge Bäume könnten sich durchaus wieder im Rahmen ihrer artspezifischen Möglichkeiten auf sich abzeichnende Umweltveränderungen einstellen.
Waldumbau: Mit einem einfachen Baumartenwechsel und wildem Herumexperimentieren mit exotischen "Baumarten der Zukunft" ist es nicht getan
Schon seit vielen Jahrzehnten könne von einer "geregelten Forstwirtschaft" keine Rede sein. Und auch in den letzten 20 Jahre habe er als Förster der WBV Regensburg-Nord - von wenigen kurzen Erholungsphasen abgesehen - nur Katastrophenwirtschaft im Wald erlebt. Beispielhaft nannte Iberl für den Landkreis Regensburg eine Aneinanderreihung von lokalen und überregionalen Schadereignissen wie Stürmen, Schneebrüchen, Trockenperioden, Hitzewellen mit neuen Rekorden und eskalierenden Borkenkäferkalamitäten. Häufig mit für die betroffenen Waldbesitzer ruinösen Auswirkungen auf die Rundholzmärkte.
Das Thema Waldumbau ist - auch in der Politik - mittlerweile in aller Munde. Allerdings verstehe darunter jeder etwas anderes. Wichtig sei es, beim Thema Waldumbau das Ökosystem Wald umfassend zu betrachten. Der Schutz der Waldböden bei Waldbewirtschaftungsmaßnahmen habe oberste Priorität. Die dauerhafte Zerstörung der Bodenstruktur und Beschädigung des Mikrobioms des Bodens nicht zuletzt duch die Befahrung mit Maschinen sei ein riesiges Problem für die Zukunftsfähigkeit der Waldbestände. Kahlschläge und die Nutzung von Restholz forcieren den Verlust an organischer Substanz und Nährstoffen. Dabei werde das im Hinblick auf eine rechtzeitige Borkenkäferbekämpfung im Einzelfall wichtige Ziel "Saubere Waldwirtschaft" häufig völlig fehlinterpretiert. Das undifferenzierte Beseitigen von "Hiebsresten" und das weitere Räumen von Flächen als Vorbereitung für eine "Neukultur" als Standardverfahren konterkarrierten einen zukunftsfähigen Waldumbau.
Es gelte, alle Möglichkeiten zum Aufbau inniger und vielfältiger Waldstrukturen über viele Jahre und Jahrzehnte zielstrebig zu verfolgen. Gerade bei der Aufarbeitung von Schadflächen gebe es viele Möglichkeiten dafür.
Ein umfassender Waldumbau sei nicht trivial und könne nicht - wie von der Politik gerne suggeriert - im Hau-Ruck-Verfahren und mit viel Geld des Steuerzahlers bewerkstelligt werden. Gerade bei den aktuellen hochdotierten waldbaulichen Förderprogrammen für den Privatwald werde der zeitlich gestreckten Naturverjüngung nicht nur monetär viel zu wenig Raum eingeräumt.
Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen
Mit einem einfachen Baumartenwechsel sei es schon gar nicht getan, zumal die tatsächlichen Ausmaße des Klimawandels im Details noch nicht absehbar seien. Die Forschungsanstalten könnten deshalb aus gutem Grund noch gar keine klaren Empfehlungen geben. Und ein Blick in die Vergangenheit zeige: Die Liste der gravierenden Fehlschläge und Fehleinschätzungen im Hinblick auf sogenannte "ertragreiche Baumarten der Zukunft" - häufig aus anderen Teilen des Kontinents oder der Welt importiert - sei lang. Beim Import von Saat- und Pflanzgut aus aller Herren Länder bestehe erfahrungsgemäß auch eine hohe Wahrscheinlichkeit, Schaderreger und Schadorgansimen in Deutschland zu verbreiten, die die Forschung noch gar nicht im Fokus hat oder die sich in unseren Breiten deutlich pathogener erweisen als in den Herkunftsgebieten. Dabei würden unsere Wälder schon jetzt durch die Auswirkungen des globalen Handels immer wieder mit existenzbedrohenden Krankheiten und Schadorganismen bedroht wie - als ein bekanntes Beispiel unter vielen - dem Asiatischen Laubholzbock.
Auch die derzeitige "Douglasien-Welle" werde - wie bedrohliche Beispiele aus anderen Teilen Deutschlands bereits zeigten - auch in Bayern mit großer Wahrscheinlichkeit schon bald in der nächsten Bruchlandung enden. Allein die Liste der auf der Douglasie nachgewiesenen Borkenkäferarten umfasse mittlerweile 20 Arten. Von diversen Pilzkrankheiten gar nicht zu reden. Es sei falsch, unsere über 20 forstlich genutzten heimischen Baumarten vorschnell abzuschreiben. Zumal diese in unserem Ökosystem gut integriert seien.
Im Hinblick auf Ergänzungs- und Anreicherungspflanzungen mit einheimischen Baumarten seien die bisherigen Herkunftsempfehlungen zu überdenken und von den Forschungseinrichtungen zu überarbeiten.
Es gelte zunächst, die Vielfalt der heimischen Baumarten - einschließlich der sogenannten Pionierbaumarten - konsequent zu nutzen und der kostenlosen Naturverjüngung beim Waldumbau wieder mehr Zeit zu geben und mehr Wert beizumessen.
"Waldumbau" sehe derzeit leider viel zu oft so aus, dass nach einem kalamitätsbedingten Kahlschlag oder sonstigen Endnutzungen auf ausgeräumten Flächen mit großzügiger finanzieller Förderung durch den Steuerzahler neue gleichaltrige, strukturarme, einschichtige und von einer Baumart dominierte Bestände künstlich gepflanzt würden. Die Hauptbaumart ändere sich. Aber zukunftsfähige Wälder könnten so leider häufig nicht entstehen, so Iberl. Die mittlerweile bei waldbaulichen Förder-Maßnahmen deutlich verkürzte Bindefrist trage in vielen Fällen leider ebenfalls nicht dazu bei, dass die aus staatlicher Sicht förderungswürdigen Ziele nach 20-30 Jahren tatsächlich erreicht werden. Zumal immer wieder ausgeprägte Trockenperioden regelmässig nicht nur im Pflanzjahr, sondern auch später immer wieder zu hohen Verlusten führen.
ÖDP kritisiert: Rehwildbestände seit Jahrzehnten viel zu hoch - ein erheblicher Anteil der Steuergelder für den Waldumbau fließt in Verbissschutzmaßnahmen
Nach Ansicht des ÖDP-Kreisvorsitzenden Matthias Baldauf sei es in einer Zeit, in der die Zukunft unserer Wälder auf dem Spiel stehe, deshalb unumgänglich, dass der im Bayerischen Jagdrecht verankerte Grundsatz "Wald vor Wild" endlich wirksamer umgesetzt werden müsse.
Es sei nicht richtig, so Baldauf, hunderte Millionen Euro an Steuergeldern in Deutschland und Bayern in den nächsten Jahren über Förderprogramme in den sogenannten Waldumbau zu stecken, wenn ein nicht unerheblicher Teil des Geldes in bisher häufig kunststoffbasierte Verbissschutzmaßnahmen für wenige "Baumarten der Zukunft" fließe, während gleichzeitig das vorhandene Naturverjüngungspotential für viele wertvolle Mischbaumarten weiterhin viel zu hohen Rehwildbeständen zum Opfer falle.
Die Ergebnisse des kürzlich veröffentlichen Vegetationsgutachtens als Basis für die aktuellen Abschussplanungen 2023-25 in Bayern und ganz besonders im Landkreis Regensburg sprächen Bände. Völlig inakzeptabel sei es, dass der Oberste Rechnungshof zwar seit Jahrzehnten immer wieder die mangelnde Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in der Praxis moniere. Dabei stünden in diesen Berichten gerade die unteren Jagdbehörden regelmässig im Fokus der Kritik.
Politik und Behörden dürften vor den gravierenden Problemen nicht weiter die Augen verschließen.
Die ÖDP unterstützt daher gemeinsam mit vielen Naturschutzorganisationen die Initiative "HuntingForFuture".